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Ediths Vater Siegfried Stein stammte aus Gleiwitz, ihre Mutter Auguste Courant aus Lublinitz. 1871 heirateten sie und wohnten zuerst in Gleiwitz, ab 1882 in Lublinitz und schließlich von 1890 an in Breslau, wo am 12. Oktober 1891 Edith Stein geboren wurde.
Lublinitz war ein Lieblingsort für Edith Stein. In ihrer Autobiografie schreibt sie „Für uns Kinder war es die größte Ferienfreude, wenn wir zu den Verwandten nach Lublinitz fahren durften.“(ESGA 1, 10) Sie kannte jeden Winkel des kleinen Städtchens und genoss die Freiheit, die sie dort hatte.
Heute erinnern in Lublinitz die Edith-Stein-Kirche und das Edith-Stein-Museum, das 2009 im ehemaligen Wohnhaus der Großeltern Courant eröffnet wurde, an sie.
Auf dem jüdischen Friedhof befinden sich die Gräber ihrer Brüder und der Großeltern Courant.
Das Jahr 2008 wurde von der Stadtverwaltung zum Edith-Stein-Jahr erklärt, die auch offiziell zur Stadtpatronin erhoben wurde.
18 Auflagen des Schul-Wettbewerbs Lublinitz – Edith Steins Lieblingsstadt wurden bereits in Lublinitz organisiert.
Adele Stork / Beate Beckmann-Zöller (2020)
Jan Fikus: Spacerem przez Lubliniec., WEST Wydawnictwo Edyty Stein, Lubliniec 1997, ISBN 83-907620-1-3 (Lublinitzer Stadtführer)
Die Stadt Lubliniec liegt im östlichen Teil von Oberschlesien – jetzt etwa 35 km von der Woiwodschaftsstadt Tschenstochau entfernt. In Lubliniec kreuzen sich die Eisenbahnstrecken, welche von Breslau und Oppeln über Tschenstochau nach Warschau und auch nach Kattowitz führen. Auguste Stein, geb. Courant – Edith Steins Mutter – stammte aus dem Städtchen Lublinitz, welches bis 1918 dicht an der damaligen preußisch-russischen Grenze lag. Bis 1921 gehörte es zu Preußen, nachher zu Polen.
Die Familie Courant lebte dort seit 1848 und besaß da ein Wohnhaus, in welchem sie ein Geschäft führte. In den vier Räumen der ehemaligen Wohnung der Familie Stein besteht seit sechs Jahren eine Ausstellung „Pro Memoria Edith Stein“ („Zur Erinnerung an Edith Stein“). Dort befindet sich auch der Sitz der „Edith-Stein-Gesellschaft Lubliniec“ und das im Jahre 1995 gegründete „Zentrum der Versöhnung“. An der Seitenwand des Hauses wurde die alte Anschrift „S. Courant“ erneuert und darunter eine Edith Stein gewidmete Gedenktafel angebracht. Die frühere Schlosserstraße wurde in Edith-Stein-Straße umbenannt.
Die Familie Stein lebte von 1881 bis 1890 in Lublinitz. In dieser Zeit wurden dort Elfriede, Rosa, Richard und Erna, Edith Steins Geschwister, geboren. Zwei ihrer Brüder, Richard und Ernst, starben dort und wurden auf der hiesigen jüdischen Begräbnisstätte beigesetzt, wo auch schon die Großeltern ihre Gräber hatten.
Im März zog die Stein-Familie nach Breslau, wo Edith Stein am 12.10.1891 geboren wurde. Da sie sehr früh ihren Vater verlor, war die Mutter Auguste der prägende Mittelpunkt der kinderreichen Familie. Sie betrachtete Lublinitz immer als ihre Heimat. „‚Ich fahre nach Hause‘, sagte meine Mutter noch als alte Frau, wenn sie in ihre Heimat fuhr. Und für uns Kinder war es die größte Ferienfreude, wenn wir zu den Verwandten nach Lublinitz fahren durften“, schrieb Edith Stein in ihrer Autobiographie (ESGA 1, 10). Und weiter schreibt sie: „In dem kleinen Städtchen hatten wir die größte Freiheit. Wir wurden nicht viel beaufsichtigt, wir sollten es nur gut haben und vergnügt sein. Schon in dem großen Haus konnte man
sich ganz anders bewegen als in der engen Mietswohnung, die wir in unseren Kinderjahren in Breslau hatten. […]. Da war der große Laden mit den verlockenden Bonbonkrausen, den Chokoladenvorräten und den Schubladen, in denen Mandeln und Rosinen zu finden waren. Es stand uns alles offen. […] Am Wochenmarkt, wenn die Bauern hereinströmten und gar nicht genügend Hände dasein konnten, durften wir später auch etwas helfen. Wie stolz war man,
wenn man ein paar Brocken Wasserpolnisch aufgeschnappt hatte, um sich mit den Bauern zu verständigen, oder gar, wenn einem die Bedienung der Kasse anvertraut wurde! Abends saß man plaudernd auf den Stufen vor der Ladentür oder ging um den „Ring“ spazieren, dort saßen auf den Bänken vor den Häusern alte Bekannte, und in der Mitte stand zwischen hohen Bäumen der hl. Johannes. Am Sonnabend wurden wir manchmal in die Synagoge mitgenommen. Mitunter wurde ein Spaziergang in den Wald gemacht und ein Besuch auf
dem schönen Friedhof am Walde […]“, schreibt sie weiter (ESGA 1, 10f.).
Sie erwähnt auch das kleine Häuschen, „Villa“ genannt (ESGA 1, 16), wo die Familie Stein vor Edith Steins Geburt gewohnt hat, und wo die Kinder im großen Obstgarten spielen durften. Häuschen und Obstgarten bestehen nicht mehr.
Mutter Stein nahm ihre Kinder auch oft mit in die naheliegende Synagoge, die am 3. September 1939 durch Brandstiftung zerstört wurde. Auf dem Friedhof wurden mehrere Grabdenkmäler umgeworfen und gestohlen.
Das Haus des Großvaters, von Ediths Onkel Alfred Courant im Jahre 1900 gekauft, ist noch wohlerhalten. Auch das Haus Nr. 9 bei der ulica Mickiewicza (damals Rosenbergerstraße), wo einst die Stein-Familie gewohnt hat, bevor sie zur „Villa“ umzog und wo Elfriede 1881 und Rosa 1883 geboren wurden, steht noch, obwohl es eine Renovierung benötigt.
Jan Fikus