Weitere Vortragsreihe in der Pfarrei Hl. Edith-Stein – Schifferstadt

Anlässlich des 100. Tauf- und Firmtages der hl. Edith Stein hatte die gleichnamige Pfarrei in Schifferstadt an vier Sonntagnachmittagen zu einer Vortragsreihe in die St. Laurentiuskirche eingeladen. Mit eingebunden war jeweils eine Andacht mit dem Leitenden Pfarrer, Dr. Georg Müller.

Der erste Vortrag am 6. März lautete: „Edith Stein. Als Erwachsene/r zum Glauben finden – erwachsen glauben“ mit Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann. Er erinnerte daran, dass sie sich bereits in ihrer Jugend vom jüdischen Glauben gelöst hat. „Doch wie kann man Menschen, die entweder gar nicht glauben oder deren Kinderglaube zwischen den Fingern zerronnen ist, eine neue Sehnsucht des göttlichen Geheimnisses ins Herz pflanzen?“, fragte er. In einer berührenden Begegnung fand Edith Stein Gott im Leben einer einfachen Frau, die im Dom vertrauensvoll zu Gott betete; hier erlebte sie die Wirklichkeit und die Kraft des Gebets. Dazu kam der Besuch bei einer befreundeten jungen Witwe, deren Mann im Ersten Weltkrieg starb. Sie fand eine Frau vor, die durch ihren Glauben an den Gekreuzigten gestärkt und getröstet wurde. Das Entscheidende war die Autobiographie der Teresa von Avila, darin erkannte sie die Wahrheit und den Lebenssinn. Dies alles zeigt, dass es bis heute eine Spiritualität des Alltags braucht mit all seinen Erfahrungen, damit man für das Geheimnis Gottes offen wird.

„Edith Stein – Bewertungen und historische Grundlagen“ hieß es am 13. März mit Dr. Lenelotte Möller, Historikerin, Autorin und Mitglied der ESGD. Sie zeichnete das Lebensbild der Philosophin und Karmelitin und bettete es in den geschichtlichen und persönlichen Kontext ein. Hervorzuheben ist dabei Edith Steins erste Begegnung mit dem Christentum, die sie bewusst auf einer Beerdigung hatte. Es war der Gegensatz zwischen einer jüdischen Begräbnisfeier, in der vor allem der Lebenslauf des Toten geschildert, und einer katholischen, in der von der Vergangenheit des Toten kaum etwas erwähnt wurde, sondern die Erwartung des künftigen ewigen Lebens im Mittelpunkt stand. Bedeutend wurde für sie die Lektüre der „Logischen Untersuchungen“ über Phänomenologie des Philosophen Husserl. Interessant auch die Frage ihrer Mutter: Warum hat sich Jesus zu Gott gemacht? Damit war der Punkt angesprochen, an dem sich christliche und jüdische Religion scheiden. Denn nach Edith Steins Glauben war Jesus Christus eben nicht der Mensch, der sich zu Gott gemacht hat, sondern der Gott, der Mensch geworden war.

Am 20. März hatte sich Privatdozent Pfarrer Dr. Joachim Reger im Vortrag „Allen bin ich alles geworden“ mit dem Zentrum des Denkens der Heiligen beschäftigt. Dabei sprach er über Philosophie, Phänomenologie und Einfühlung. „Es geht in der Philosophie um die Erkenntnis der Dinge, sie konkret, anschaulich und begreifbar zu machen, was sie auszeichnet und das Nachdenken darüber, wie man zu dieser Erkenntnis kommt“, fasste er zusammen. Stein lässt sich als Philosophin darauf ein und gelangt so in die Welt der Phänomenologie, die sich auf eine Lebenshaltung bezieht. Für sie bedeutet „Einfühlung“ das Erfühlen des inneren Erlebens, des subjektiven Empfindens einer anderen Person, ihres Glücks, ihrer Trauer, ihrer Freude und Angst. Die Einfühlung stellt eine Grundhaltung dar, die darin besteht, Verständnis der Welt durch das kompromisslose Sich-Einlassen zu erlangen. In Jesus Christus hat sich ein exemplarischer Einfühlungsakt ereignet: die Menschwerdung Gottes, denn an Weihnachten ist er allen alles geworden. Diese Art, konkret zu denken, ist das, was Christentum in der Menschwerdung vollzieht. Die Bereitschaft Gottes wird noch einmal radikalisiert im Kreuz. Gott ist so einfühlend, dass er sich in die Dunkelheit menschlichen Leides begibt.

Am 3. April rundete Pfarrer Dr. Georg Müller die Vortragsreihe mit seinen Gedanken zu „Edith Stein und die dunkle Nacht“ ab. Denn ihr Leben endete in der dunklen Nacht, in der Vernichtung, der versuchten Auslöschung ihres Lebens und ihrer Existenz. Aber sie hatte einen anderen Blick auf dem Weg ihres Lebens, auf die Nacht und ihr Leben als eine Angleichung an Jesus Christus bis hin ans Kreuz verstanden. Die Nachterfahrung kann Leid, Kreuz und Gottesferne aber auch Erfüllung und Gottesbegegnung ausdrücken. Ihr

sei als Christin klar geworden, dass das Kreuz, die Erfahrung und Bewältigung von Leid, zentral zum Glauben dazu gehören. Auch Johannes vom Kreuz, über dessen Leben und Werk sie eine Studie (Kreuzeswissenschaft) schrieb, hat sich sein Gefängnis, sein Kreuz, seine Nacht, nicht selbst ausgesucht. Es war sein eigenes Leiden, ein Weg ins Nichts, den vor ihm aber Christus gegangen ist, an den er sich halten konnte. Edith Stein war wichtig, sich nicht durch fortschreitendes Denken einen Begriff von Gott zu machen. Schließlich kommt die Nacht des Glaubens, in der die Seele geführt wird, eine

aktive Nacht nach eigener Wahl und Kraft eingeht, weil man sein Kreuz auf sich nimmt und so in einen „Zustand des Verlustes“ kommt und eine passive Nacht, in der man das Letzte nicht selbst machen kann, sondern es erleidet. Der Glaube in der dunklen Nacht ist somit nicht länger ein Selbstergreifen sondern ein Ergriffen-Werden.

Inge Schade

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